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Zur Eventübersicht20.10.2021
Was bedeutet Systemrelevanz?
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Der Versuch einer Einordnung
Die Eigenschaft, systemrelevant zu sein, hat auf einmal eine ungeahnte Bedeutung erfahren. Aber was bedeutet das eigentlich? TT-DIGI fragte Rechtsanwalt Benjamin Alt, der sich auf Rechtsfragen für Heilmittelerbringer spezialisiert hat.
TT-DIGI: Herr Alt, gibt es eine Definition des Wortes Systemrelevanz?
Benjamin Alt: Es gibt keine juristische Definition des Begriffs. Grundsätzlich versteht man darunter eine Leistung, die zum Basisangebot gehört, die der Grundversorgung dient, wie beispielsweise ein Supermarkt. Diese Leistungen sind notwendig, damit ein Staat funktioniert. Im Regelfall ist es so, dass ein Kranker behandelt werden sollte, seine Beschwerden gemildert oder behoben werden sollten. Das ist eigentlich das Thema Systemrelevanz: Die Krankenversorgung gehört zur Grundversorgung.
TT-DIGI: Und zur Grundversorgung gehört auch die Physiotherapie, das war entscheidend?
Benjamin Alt: Ja. Bei einem Präventionskurs würden viele sagen: Nein, deshalb bricht das System nicht zusammen. Es ist nicht relevant, ob Gymnastikkurse stattfinden oder nicht – genauso wie Training, Wellness oder Kosmetik. Aber Kranke müssen zwingend behandelt werden können. Und der Nachweis der Notwendigkeit stellt grundsätzlich die ärztliche Verordnung dar.
TT-DIGI: Würde eine juristische Begründung helfen, um medizinisch ausgerichteten Fitness-Einrichtungen, wie Rückenzentren, die Systemrelevanz zu attestieren?
Benjamin Alt: Ich sage ganz klar „Nein“. Das hängt bei der Politik wohl nicht hoch genug. Seit Jahren versuchen die Berufsverbände der therapeutischen Berufe die Umsatzsteuerbefreiung bzw. eine Reduzierung des Umsatzsteuersatzes bei Präventionsleistungen durchzusetzen. Die geringere Steuerlast könnte zu einem preiswerteren Angebot führen, was zu einer gesteigerten Nutzung führen könnte. Das wäre volkswirtschaftlich unter dem Strich wahrscheinlich wesentlich günstiger. Aber die Politik hat bisher an dieser konkreten Besteuerung festgehalten. Deswegen gehe ich davon aus, dass politisch gesehen der Wert prophylaktischer und präventiver Maßnahmen nicht hinreichend anerkannt wird. Zudem beschäftigt im Moment die Fitness-Studios ein ganz anderes Thema: die 2G- oder 3GRegelung.
TT-DIGI: Lohnt es sich, dass sich Fitness-Studios mit dem Thema Systemrelevanz auseinandersetzen?
Benjamin Alt: Ehrlich gesagt, es kommt darauf an. Ich sehe dies häufig als Kniff, um einen Betrieb aufrechtzuerhalten. Ohne Corona, ohne Lockdown wären wohl nur sehr wenige auf die Idee gekommen. Die meisten FitnessStudios wollen eigentlich nur ihren ursprünglichen Betrieb weiterführen können, da geht es nicht um die Behandlung von kranken Menschen. Und wenn jetzt für Fitness-Studios kein Lockdown mehr kommt, was wir alle hoffen, werden sich dafür nur wenige interessieren. Allerdings sind mir auch Studios bekannt, welche wirklich den Weg zum Praxisbetrieb gewagt haben. Diese müssen sich wegen eines Lockdowns dann sicherlich keine Gedanken mehr machen.
TT-DIGI: Besten Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Reinhild Karasek.
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